Plötzlich geht alles ganz schnell

Es ist altbekannt, dass die Umsetzung von der Theorie in die Praxis nicht immer leichtfällt. So bringt auch die Realisierung eines Projektes immer ganz eigene Herausforderungen mit sich. Zudem sind unsere Projekte Unikate und darum einzigartig. Wie behält man hier den Überblick? Mit Matthias Vescovi haben wir uns darüber unterhalten, wie es ist, in ein laufendes Realisierungsprojekt einzusteigen und welche Herausforderungen das mit sich bringen kann. Und auch darüber, was gute Arbeit mit Zeit und Akzeptanz zu tun hat.

Ziel: Barrierefreiheit

Der Bahnhof Horgen Oberdorf wird von 2024 bis 2026 barrierefrei ausgebaut. Die Infrastruktur rund um den Bahnhof wird so gestaltet, dass sie für alle Menschen, unabhängig von körperlichen Einschränkungen, zugänglich und nutzbar ist. Entsprechend werden auch die Gleis- und Perronanlagen sowie die Erschliessungen neu gebaut. Während der Bauzeit ist das Projektumfeld mit Installationsplätzen, temporärer Landbeanspruchung, Mehrverkehr durch Transportfahrten und insbesondere lärmigen Arbeiten bei Tag und Nacht belastet. Das ist aber nur eine Seite der Herausforderungen eines solchen Bahnbauprojektes.

Auf der anderen Seite liegt grosse Komplexität in den vielen Schnittstellen zwischen den Fachdiensten der Bauherrschaft und der multidisziplinären Ingenieurgemeinschaft. In seiner Rolle als Gesamtprojektleiter der Ingenieurgemeinschaft und Oberbauleiter hält Matthias Vescovi alle Fäden in der Hand.

Schwarmintelligenz als Wegbereiterin

Aber blicken wir zuerst auf die Planung: In der Planungsphase müssen die Bedürfnisse und Anforderungen aller Projektbeteiligten aufeinander abgestimmt werden. Das bedarf in erster Linie ein gemeinsames Projektverständnis: Was machen wir hier, warum und wie gehen wir vor? Das wiederum erfordert eine klare Kommunikation von Beginn an, eine zielgerichtete Projektorganisation, definierte Zuständigkeiten und die richtigen Instrumente, auch zur Qualitätssicherung. Aus Matthias’ Sicht braucht es dazu Offenheit und eine vernetzte Zusammenarbeit. Nur so kann die wertvolle Schwarmintelligenz aktiviert werden, die sich aus den Erfahrungen aller Beteiligten speist. In Bahnprojekten wie jenem in Horgen kommen in der Planungsphase zusätzlich die bahnspezifischen Anforderungen hinzu. Die gesamte Logistik des Fahrplans und der Gleissperrungen sowie mit allerhöchster Priorität die Personen- und Arbeitssicherheit hinsichtlich des Zugverkehrs, der engen Platzverhältnisse oder den elektrischen Anlagen ist hier genauso zu beachten!

Nach der Planungsphase werden die Planunterlagen und Vorgaben zum Bauablauf von den beauftragten Unternehmen gemeinsam mit der Bauleitung genauestens analysiert, um diese bis ins Detail auf die Umsetzung abzustimmen. Soweit zur Planung. Und die Realisierung?

Plötzlich geht alles ganz schnell

Matthias versucht die Transition zwischen Planung und Realisierung wie folgt zu beschreiben: «Wo in der Planungsphase oft noch Zeit war für Abklärungen, muss während der Realisierung plötzlich alles schnell gehen.» Beispielsweise bringen zuvor unbekannte Hindernisse ganz neue Anforderungen mit sich. Diese kommen oft erst ans Tageslicht, nachdem die Grabarbeiten gestartet haben. So können Ressourcen unter- bzw. überschätzt worden sein oder die Arbeiten kommen nicht so schnell voran wie geplant.

Kurzum: Viele Entscheidungen müssen in viel kürzerer Zeit getroffen werden. Zudem ist mit dem Ausführungs- und Baustart sofort sehr viel Geld im Spiel. Entscheidungen, die in der Planung getroffen wurden, sind sorgfältig erarbeitet worden und können nicht ohne Konsequenzen umentschieden werden: Die Planung gilt. In einem solch engagierten und dynamischen Projektumfeld liegt es auch auf der Hand, dass Reibung entstehen kann.

Auf die Frage, wie Matthias diesen Tatsachen gegenübertritt, lächelt der 41-Jährige nachdenklich. «Man muss Akzeptanz leben.», reflektiert er. Troubleshooting in einem so komplexen Projekt gehöre dazu, aber eigentlich arbeite er auf die Reibungslosigkeit hin. Matthias hat viel Erfahrung in der Leitung von komplexen Projekten. Er übernimmt von Seiten Ingenieurgemeinschaft die Gesamtverantwortung für die Umsetzung der Planung in die Realisierung und ist Sparringpartner für die Gesamtprojektleitung und Oberbauleitung der Bauherrschaft.

«Ich möchte den Menschen im Projekt einen guten Rahmen bieten.»

Matthias Vescovi

Was motiviert dich an diesem Projekt?

Dass ich es hier nicht mit einem herkömmlichen Bauprojekt zu tun habe, sondern ich mich mit dem für mich neuen Themenfeld des Bahnbaus auseinandersetzen kann. Ich lerne unglaublich viel.

Auf was bist du besonders stolz?

Bis jetzt ist es mir gelungen, mit den am Projekt beteiligten Menschen eine gute Beziehung aufzubauen.

Was ist deiner Meinung nach das A und O beim Einstieg in ein Projekt?

Ganz klar: Vernetzung. Ich möchte wissen, wo ich anknüpfen kann, wen ich fragen kann, wem ich abgeben kann, wo ich Wissen anzapfen kann. Vernetzung ist die Grundlage guter Zusammenarbeit, klarer Kommunikation und eines gemeinsamen Verständnisses.

Zeit, Vernetzung und Akzeptanz

Und wo sieht Matthias seine Rolle in diesem ganzen System? «Mein Ziel ist es, den Menschen im Projekt einen guten Rahmen bieten zu können.» Diesen Rahmen zu schaffen, braucht Zeit, Vernetzung und eben Akzeptanz. Die Akzeptanz, dass Projekte sich systemisch verhalten und es sich entsprechend lohnt, Zeit zu investieren, sie verstehen zu wollen. Diese Art des Projektverständnisses legt auch nahe, dass sich Qualität in einem solchen Projekt nicht nur auf das Endprodukt bezieht. Respektive, dass eine gute Auftragsausführung eng mit guter Zusammenarbeit verknüpft ist.

Durch fliessende Kommunikation, Vernetzung und Austausch von Erfahrung möchte Matthias dem Projekt einen Rahmen geben. Sorgfalt und Verständnis begleiten ihn auf dieser Projektreise und auf seiner eigenen beruflichen Reise. Und gerade weil jedes Bauprojekt seine Eigenheiten mit sich bringt und einzigartig ist, erweitert sich auch der Erfahrungsschatz unserer Teams entsprechend. Auch das ist eine Qualität an sich.

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