Ohne Pläne,
aber nicht
planlos

Qualität geht uns alle etwas an. Ob intern bei TBF oder in der Zusammenarbeit mit unseren Kunden und Partnerinnen – wir verfolgen ein gemeinsames Ziel: verlässliche und zukunftsorientierte Lösungen. Die Digitalisierung eröffnet dabei enorme Chancen, die weit über technische Tools hinausgehen. Qualität entsteht dort, wo Transparenz und Zusammenarbeit Hand in Hand gehen. Was das konkret für den Arbeitsalltag bedeutet und welche Chancen sich daraus ergeben, erzählen uns Susanne Haag und Dominik Schenk.

Ein zentrales Informationsmodell – ein logischer Schritt
Digitale Planungstools wie Projektplattformen und 3D-Modelle sind inzwischen fester Bestandteil der Planungswelt. Was das Grossprojekt KVA Linth 2025 im Kanton Glarus besonders macht, ist die Konsequenz, mit welcher modellbasiert gearbeitet wird. Hier setzen wir auf ein zentrales Datenmodell und arbeiten komplett papierlos – im Büro genauso wie auf der Baustelle. Sämtliche Projektbeteiligten arbeiten gemeinsam und gleichzeitig in diesem Modell, welches primär geometrische Informationen, aber auch Planungs-, Termin- und Kosteninformationen vereint. Das heisst: Die Bauherrschaft, die Planer:innen, die Lieferant:innen und die Unternehmerschaft greifen auf das Modell mit den stets aktuellen Datenständen zu. Konsequenterweise geht die modellbasierte Zusammenarbeit beim Projekt KVA Linth 2025 dabei auch über die direkten Projektbeteiligten hinaus: Auch den Behörden wurde das Projekt mehrheitlich als Modell abgegeben.
Gerade bei einem komplexen Umbauprojekt wie jenes der KVA Linth mit unterschiedlich alten Bestands- und Bauteilen erweist sich die Arbeit im digitalen Modell als grosser Vorteil. Die unzähligen Gebäudeteile mit unterschiedlichem Alter, die Projekt-Zwischenstände während dem Umbau und die sich ändernden Schnittstellen mit dem Betrieb können so deutlich besser abgebildet werden. Dadurch werden Konflikte einfacher erkannt und können frühzeitig gelöst werden.

Modellbasiert bedeutet mehr als nur «vernetzt»
Dominik, seit 5 Jahren arbeiten du und Susanne als Gesamtprojektleitung mit anderen TBF-Expertinnen und weiteren Projektpartnern bei der KVA Linth modellbasiert. Wo siehst du konkrete Stärken dieser Art der Arbeit?
Ich denke, es ist wichtig sich vor Augen zu halten, dass das modellbasierte Arbeiten (Stichwort BIM) Probleme nicht von selbst löst – dafür werden Konfliktpunkte aber besser sichtbar im Modell. Die Zusammenarbeit und der Abgleich zwischen den Gewerken rücken dabei in den Fokus. Im Modell werden die geplanten Bautätigkeiten aller Projektbeteiligten sichtbar, was den einzelnen Projektpartner:innen ermöglicht, ihre Arbeit im Gesamtkontext zu betrachten. Für mich ist das in meiner alltäglichen Projektarbeit ein entscheidender Vorteil.
Dominik spricht die gestärkte Zusammenarbeit an. Wie schätzt du das ein, Susanne?
Spezifisch im Projekt KVA Linth 2025 war das Teilen der eigenen Arbeit im Modell eine, nennen wir es, kleine Anfangshürde. Es erfordert Mut und Vertrauen umzudenken und Leistungen offenzulegen. Ein Schritt, der sich aber lohnt: Die Zusammenarbeit wird dadurch entscheidend gefördert. Diese Transparenz stellt den gemeinsamen Projekterfolg in den Fokus, statt Risiken abzusichern – eine grosse Chance für die Zukunft.
Als Gesamtprojektleitung sind sich die beiden einig: Gerade die Transparenz, welche durch modellbasiertes Arbeiten ermöglicht wird, bringt grosse Mehrwerte für das Anpacken des gemeinsamen Projektziels. Zudem bietet das Modell eine höhere Zugänglichkeit. Während die Durchsicht eines Grossprojekts mit Papierplänen mühsam und gerade auch für Nichtfachleute sehr komplex ist, lässt sich ein digitales Bau- und Anlagemodell in kurzer Zeit in einer benutzerfreundlichen Software aufrufen.

Wie kommt eigentlich die Anlage vor Ort auf unseren Büro-Bildschirm?
Christian Wohlfarth ist einer der TBF-Experten für das digitale Erfassen bestehender Anlagen. Mit Drohnen werden aus der Luft viele tausend Bilder von der Anlage aus verschiedensten Perspektiven aufgenommen. Diese Bilder werden anschliessend eingelesen und aus den gesammelten Bildern mittels der Photogrammetrie-Technik die Aussenansicht der Anlage als Punktwolke errechnet.
Ein ähnliches Prinzip gilt für die Erfassung der Innenräume: «Mit einem Laserscanner wird jeder Raum einzeln aufgenommen, zusätzlich wird zu jedem Scan ein 360°-Foto erstellt. Aus den einzelnen Laserscans und Fotos wird eine farbige zusammenhängende Punktwolke der Innenräume errechnet.», erklärt Christian. Mithilfe dieser Punktwolken und in Kombination mit den bestehenden Plänen erstellt anschliessend unser Modell-Koordinator David Brönnimann gemeinsam mit seinem Team einen digitalen Zwilling der bestehenden Anlage. Da sich der Umbauzustand laufend ändert, muss auch der Bestand ständig nachgeführt und ergänzt werden.

«Die Koordination ist nach wie vor das A & O!»
Dominik Schenk und Susanne Haag sind sich einig: Das modellbasierte Arbeiten erfordert trotz grossen Effizienzgewinnen nach wie vor aktive Kommunikation.
Was fasziniert dich an diesem Projekt, Susanne?
Ich bin begeistert, wie gross der Schritt für das Vorstellungsvermögen ist: Durch das Projizieren der Anlage in einem Modell fällt die Orientierung auf der Baustelle resp. in der Anlage viel leichter. Und das dient dem gemeinsamen Verständnis.
Was ist für dich eine grosse Herausforderung gewesen, Dominik?
Für mich ist der Freigabeprozess gerade in einem etappierten Umbau nicht zu unterschätzen: Was im Modell bereits freigegeben wurde und was nicht, ist manchmal etwas unübersichtlich. Da braucht es nach wie vor eine klare Abstimmung unter den Projektbeteiligten.
Was war ein grosser Erfolg für dich, Susanne?
Wir haben sogar unsere Baueingabe mit digitalem Modell erfolgreich tätigen können. Es hat mich sehr gefreut, dass wir den Behörden hierbei die Angst nehmen konnten. Dies erforderte zwar anfänglich Überzeugungsarbeit, wurde aber letztlich als innovativer und effizienter Ansatz begrüsst.

Mensch im Mittelpunkt – mit oder ohne Papier
Das konsequente Arbeiten mit einem zentralen, datenbasierten Modell war nicht für alle Projektbeteiligten von Anfang an überzeugend. Dominik und Susanne sehen deshalb einen wesentlichen Teil ihrer Aufgabe darin, Menschen mitzunehmen, Bedürfnisse ernst zu nehmen und Unterstützung anzubieten.
Wo hat es am meisten Überzeugungsarbeit gebraucht, Susanne?
Die meisten Planer sind bereits affin mit digitalen Werkzeugen. Mehr Unterstützung brauchte es direkt auf der Baustelle – vom Monteur bis zur Eisenlegerin arbeiten alle mit dem Modell und nutzen ein Tablet statt den gewohnten Papierplänen.
Wie muss man sich das vorstellen: mit dem Tablet auf der Baustelle unterwegs?
Das geht wunderbar! Also erstens verlierst du nicht immer deinen ausgedruckten, arg gefalteten Papierplan, auf den es vielleicht schon mehrmals draufgeregnet hat. Zweitens hast du auf dem Tablet immer gleich einen gut erfassbaren, aktuellen 3D-Plan vor dir, dank dem du dich gut orientieren kannst.
Ihr kommt immer wieder auf die verbesserte Sichtbarkeit und die gewonnene Transparenz des modellbasierten Bauens zurück. Dominik, wird die Qualität durch das modellbasierte Planen und Bauen gesteigert?
Die kurze Antwort ist: ja. Aber trotz des zentralen Datenmodells gilt nach wie vor: Die Sorgfalt in der Planung kann durch das Modell nicht ersetzt werden. Das bedeutet, dass es weiterhin einen intensiven Austausch zwischen den Projektpartner:innen braucht. Denn auch wenn die BIM-Methodik datenbasiert und digital ist, heisst das nicht, dass alles selbsterklärend wird. Fachleute, die aktiv mitdenken und sich einbringen, bleiben unerlässlich. Die Qualität im Planungs- und Ausführungsprozess kann durch das Modell aber erheblich gesteigert werden.
Zukunftsperspektiven